Vergänglichkeit und Wandel

Das Thema "Vergänglichkeit und Wandel" reflektiert wesentliche Aspekte unseres Lebens, die oft unbeachtet bleiben, oder bewusst ignoriert werden. Vergänglichkeit, vielleicht der bedeutsamste Aspekt unseres Daseins, wird oft ausgeblendet, während wir uns bemühen, Dinge festzuhalten und den Status Quo zu bewahren. Paradoxerweise investieren wir enorme Anstrengungen, um Veränderungen zu verhindern und die Dinge so zu gestalten, dass sie unseren Wünschen entsprechen. Doch wenn wir nur einen einzigen Tag in der Natur verbringen, wird uns unmittelbar bewusst, dass Veränderung die Essenz der Natur ist. Was wäre der Tag ohne Nacht? Was wäre die  Natur ohne die wechselnden Fruchtbarkeitsperioden? Alle Elemente der Natur, einschließlich der Tiere und selbstverständlich auch wir Menschen, unterliegen einem kontinuierlichen Veränderungsprozess. Die Fähigkeit, diesen natürlichen Wandel bewusst zu gestalten, ist von entscheidender Bedeutung.

Je mehr wir uns auf die Ebene der Verwandlung einlassen, desto bewusster werden wir Teil dieses Prozesses. Joe Dispenza, ein Arzt und spiritueller Lehrer, hat in seinem Buch "Werde übernatürlich" dieses Thema behandelt, das ich gerne aus meiner eigenen Perspektive beleuchten möchte. "Übernatürlich" bedeutet für mich, bewusst ein Teil des natürlichen, von der Natur vorgegebenen Flusses des Lebens zu werden und dadurch einen Unterschied zu gestalten. Es bedeutet, sich für weitere Dimensionen zu öffnen, wie das Öffnen aller Türen in einem inneren Schloss, um frische Luft, Sonne und Licht hereinzulassen.

Der Wandel in der Natur geht seinen natürlichen Weg mit seinem eigenen Rhythmus. Wir können diesen Rhythmus des Naturwandels nicht beeinflussen, aber wir haben die Möglichkeit, uns bewusst mit ihm zu verbinden und so eine tiefgreifende Veränderung in unserer Gegenwart, im Hier und Jetzt, zu begrüßen. Dies ist der erste Schritt, um ein Tor zu einer umfassenderen Wahrnehmung der Welt um uns herum zu öffnen und den Wandel als integralen Bestandteil unseres Lebens zu begrüßen.

Kunst kann ein Begleiter auf dem Weg des Wandels sein

Der Titel dieser Arbeit lautet "Walking like a stone.“ 

Wie bereits angedeutet, spiegelt die äußere Veränderung lediglich die inneren Wandlungen wider, die oft nur langsam vonstatten gehen und dennoch die Essenz unseres Lebens ausmachen.
In dieser Installation habe ich versucht, genau das bildlich darzustellen. Die Kunstwerke wurden in einer Allee installiert, die in den Raum führt. Am Ende dieser Allee befindet sich eine markante Figur, die den Raum einnimmt und bereits den neuen Horizont ankündigt. Einige Stationen entlang dieses Weges sind symbolische Meilensteine unserer persönlichen Entwicklung.

Die erste weibliche Figur symbolisiert eine Art Selbstreflexion: Sie stellt Fragen wie "Wie ist mein aktueller Zustand?" und erkennt dabei die Schätze in ihrem Leben, ihren Reichtum und ihre Grundlage. / siehe oben

In diesem Kontext habe ich eine weitere Figur eingeführt, die die bedingungslose Lebensfreude verkörpert. Diese "Joy de vivre" ermöglicht es uns, Freude in jedem Lebensmoment zu erfahren, selbst in schwierigen und herausfordernden Situationen. Diese Freude können wir bewusst in unser Leben integrieren, sie ist ein Teil der weiblichen, spirituellen Kraft unseres Daseins. / siehe oben

Eine weitere Bildfigur stellt die liegende Acht dar. Sie stellt die Bewegung von Innen und Außen und gleichzeitig eine Bewegung nach oben dar, die auch etwas wie ein Rückgrat symbolisieren kann, als sehr leicht verständlichen Fluss unseres Daseins, der immerwährend ist und sich permanent erfüllt. / siehe oben

Die beiden letzten Figuren dieser Reihe stehen symbolisch für den Ausblick in den neuen, weiten Raum. / siehe oben und unten

Ich denke, das ist ein Zyklus, der sich im Leben jedes einzelne Menschen in unterschiedlicher Deutlichkeit oder auch unterschiedlich oft erfüllt und immer wieder einen neuen Kreislauf darstellt.

Unsere Wahlfreiheit

Ein weiterer Aspekt dieser Arbeit stellt dar, dass wir immer die Wahlfreiheit haben, an jeder Station den nächsten Abschnitt konstruktiv oder destruktiv zu beschreiten.
Wir Menschen haben tatsächlich die Wahl, wir können uns konstruktiv, oder auch destruktiv verändern und immer tun wir das mithilfe der Kräfte der Natur.
Wir haben die freie Entscheidung, das ist das Wunderbare unseres menschlichen Seins.

In einer zweiten Allee dieser Installation habe ich eine Figur platziert, die vielleicht schockieren mag. Ich habe hier versucht darzustellen, dass auch diese Person einen tiefen Bezug zur Natur hat, den man in den Gesichtszügen erkennen kann. Doch hat sie sich an einer gewissen Wegstrecke anders entschieden...  / siehe oben

„Es ist die Version eines Menschen, bevor er zum Wahnsinnigen und Zerstörer wurde.
Ein Mensch, der die Natur liebt, der sanfte Züge im Gesicht hat, fast sieht man noch seine Jugend, seine Kindheit. Ein Mensch vor seiner unfassbaren Verwandlung." (Zit. Julia da Franca)

Ähnlichkeit mit einer lebenden Person ist Absicht, es war mein Anliegen, die grösstmögliche Polarität unserer Kräfte darszustellen und dies in einen aktuellen Kontext zu stellen.

Die hier in den Bildern beschriebene, ungeheuer tief greifende, essenzielle Kraft der Natur, steht uns jederzeit zur Verfügung. 
Es ist unsere ursprüngliche Lebenskraft, die uns bei jeder Herausforderung zur Seite steht. Bei jeder Bewusstseinserweiterung Basis sein kann, denn alles und jedes spiegelt sich in der Natur.
Wir sind einzigartige Individuen, wie wundervoll! 
Dennoch sind wir eingebettet in dem Rahmen der Natur und des weiteren natürlich im geistigen Sein. 

Kunst ist ein Bewusstseinstool

Um diese Wirklichkeiten zu verinnerlichen, kann Kunst eine große Hilfe darstellen.
Bilder haben die Fähigkeit, direkt mit unserem innersten Wesen zu kommunizieren. Sie durchbrechen jegliche Barrieren und berühren uns auf einer tiefen, unmittelbaren Ebene. Bilder sind nicht nur Symbole; sie können auch durch ihre dynamischen Formen, Pinselstriche, Farben und das Spiel von Licht und Schatten direkt mit unserer inneren Welt interagieren. Aus diesem Grund glaube ich, dass Kunst ein kraftvoller, ganz natürlicher Begleiter für Veränderungsprozesse sein kann.
So seltsam das klingt, denn viele Menschen denken, Verständnis für Kunst setzt intellektuelles Wissen voraus. Natürlich kann intellektuelles Wissen und Verständnis die Wahrnehmung erweitern, ganz klar, doch die innere Substanz eines Bildes spricht uns auf einer anderen Ebene an, die keiner Vorbildung bedarf. Wir müssen nur offen dafür sein, Interesse zeigen und uns dafür Zeit nehmen. 

Bewusstsein & Materie

In meinen kreativen Werken strebe ich danach, unsere materielle Existenz mit unserer spirituellen Dimension zu verbinden. Das Materielle ist lediglich eine andere, bestimmte Manifestation unseres Bewusstseins. Oft klammern wir uns an die fertigen Formen, die wir geschaffen haben. Doch es ist wichtig zu erkennen, dass Veränderung ein natürlicher Bestandteil des Lebens ist.
Es ist faszinierend, in dieser Welt zu existieren und all unsere Sinne zu nutzen. Dennoch ist es von grundlegender Bedeutung, dass wir uns regelmäßig aus dem Status quo lösen und für Veränderungen öffnen. Dieser Prozess ist vergleichbar mit dem Verschränken von Fingern, die sich immer wieder lösen. Es ist wie das Fluten von Haaren in ihrer freien und ungehinderten Form. In diesen Momenten besteht die Chance, die Möglichkeit und die Notwendigkeit, etwas vollkommen Neues zu formen.
Manche Veränderung mag äußerlich unscheinbar erscheinen, doch es schafft eine neue Realität. Je mehr wir diese Prozesse bewusst wahrnehmen und uns für sie öffnen, desto intensiver und reicher wird unser Leben. Wir beginnen, Veränderungen in unserem Alltag bewusster zu erleben. Ein Haus ist nicht nur ein Dach über dem Kopf; es ist ein Ort, an dem wir uns geborgen und sicher fühlen können. Doch bewusst zu erkennen, dass wir alle Türen öffnen können, dass Licht in unsere Räume strömen kann, verbindet dieses Geborgensein mit einer größeren, neuen Weite und schafft Raum. Dies ist eine unglaubliche Bereicherung.

Veränderung gelingt einfach

Das Streben nach Veränderung ist ein einfacher Lernprozess. Es geht darum, diese Bereitschaft in unseren Alltag zu integrieren, auch bei den kleinen Dingen des Lebens. Diese Offenheit für den Fluss des Wandels bereichert unser Dasein und schenkt uns eine Fülle an Erfahrungen und Erkenntnissen. Es öffnet Türen zu neuen Horizonten und verleiht unserem Leben eine unendliche Tiefe und Vielfalt.


 

Die Installation „walking like a stone“ war Teil des Kunstprojektes „Wilde Ordnung", veranstaltet durch die Künstlergruppe KX07 im September 2023
Fotos: Rainer Erhard, Anna Wiesinger

Anna Wiesinger
www.annawiesinger.de